Frauen in der Digitalisierung
Noch immer sind Frauen in technologisch-digitalen Branchen unterrepräsentiert. Um dem akuten Fachkräftemangel auf diesem Sektor entgegenzuwirken, braucht es Lösungsansätze, die sich vor allem auf die Anforderungen von Mädchen und Frauen konzentrieren, um die weiblichen Arbeitnehmerinnen stärker in die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten im IT-Sektor einzubinden.
Dabei wurden bislang AHS-Schulabgängerinnen mit direktem Berufswunsch und Frauen, die sich nach Lehrabschluss umorientieren möchten, vernachlässigt.
Einen Lösungsansatz bietet die Kombination von Ausbildung und Praxiserprobung.
Dass die IT-Branche über Fachkräftemangel klagt, ist keine Neuigkeit. Die Zahlen, die von der Ubit, dem Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT, im IKT-Statusreport veröffentlicht wurden, sprechen eine deutliche Sprache: Elf Millionen Fachkräfte für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) würden in den kommenden Jahren europaweit fehlen. In Österreich spricht man von aktuell mindestens 20.000 fehlenden Fachkräften, in fünf Jahren bis zu 30.000 Fachkräften.
Ebenso wenig neu ist die Tatsache, dass Frauen im IT-Sektor nach wie vor unterrepräsentiert sind. Und das, obwohl Frauen in diesem Bereich Pionierarbeit geleistet haben, wie etwa Ada Lovelace, nach der auch die Programmiersprache Ada benannt wurde. Immer noch entscheiden sich Frauen viel zu selten für einen Karriereweg in technischen IT-Berufen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und reichen von Unklarheiten über sich kontinuierlich neu entwickelnde Berufsbilder und -bezeichnungen über das Fehlen von weiblichen Vorbildern bis hin zum männerdominierten Berufsumfeld.
Fünf Aspekte, wie Frauen in die Tech-Branche zu bewegen sind
Dieses Ungleichgewicht thematisiert auch der kürzlich veröffentlichte Research Report „What (and Who) is Holding Women Back in Tech?“, in dem die Studienautorinnen der beiden Organisationen Logitech und Girls Who Code der Frage nachgehen, warum das immer noch der Fall ist.
Die Studie wurde im Februar 2022 unter 400 Angestellten in der IT-Branche (die Hälfte davon weiblich) in den USA durchgeführt und identifiziert fünf zentrale Aspekte, die zu beachten sind, will man das Ungleichgewicht ändern:
- Real-life Role Models als Vorbilder
- Leidenschaft für Computer und die Funktionsweise von Dingen
- Ein Job, der einen bedeutsamen und positiven Beitrag zur Gesellschaft leistet
- Frauenfreundliche Communitys und Unterstützung durch professionelle Netzwerke
- Reflektiertes und wertschätzendes Verhalten der männlichen Kollegen
Vorbilder, Berufsbilder, Gesellschaftsbilder: die Bilder fehlen
Bei den bereits in der IT tätigen Frauen haben persönliche Vorbilder eine große Rolle gespielt, und das bereits im Kindesalter und in der Schule. „Flächendeckende“ Vorbilder gibt es jedoch durch den geringen Anteil an Frauen in der Branche noch zu wenig. Und auch medienwirksame weibliche Vorbilder und Pionierinnen wie Evelyn Boyd Granville, Entwicklerin der ersten Computer-Software zur Analyse von Satelliten-Orbits, oder die eingangs erwähnte Ada Lovelace sind relativ unbekannt. Vorbilder sind auch deshalb so wichtig, weil sie Orientierungshilfe und Anreize für junge Mädchen und Frauen schaffen.
Eine weitere Ursache des geringen Frauenanteils liegt auch darin, dass vielen die Vielfältigkeit und das Spektrum der IT-Berufsbilder nicht bekannt ist oder aber dass diese Berufsbilder männlich konnotiert beworben werden. Hier muss in Aufklärungsarbeit und begreifbare Darstellung der Berufsbilder investiert werden.
Frauen dürfen stolz darauf sein, wenn sie sich für Technologie interessieren. Auch hier muss ein Shift im Mindset stattfinden. Messages sollten das berücksichtigen und Frauen und ihre Leidenschaft für Technologie adressieren.
Die Möglichkeit, einen bedeutsamen gesellschaftlichen Beitrag durch die eigene Arbeit zu liefern, ist einer der wichtigsten Treiber für eine Tätigkeit im IT-Sektor. Begeisterung kann dann entstehen, wenn anwendungsorientierte Aspekte fokussiert werden und die Sinnstiftung der Lösung in den Mittelpunkt gestellt wird. Soziale Komponenten und Kompetenzen spielen hier eine wichtige Rolle. Hier gilt es also, praktische Ansätze und Beispiele aufzuzeigen, wie digitale Lösungen zu Verbesserungen beitragen können. Bereits in der Schule, aber auch im privaten Umfeld kann dieser positive Impact übermittelt werden.
Die Tech- und IT-Branche ist (noch immer) stark männerdominiert, was zur Folge hat, dass Frauen über ungleiche Behandlung, abschätzige Bewertung, Respektlosigkeit, Isolation, Aggressionen und sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz berichten. Ein reflektiertes Arbeitsumfeld sowie Mentorship-Programme und Vernetzungen können hier zu einem freundlicheren Umfeld beitragen und damit die Reputation der Branche positiv beeinflussen.